Gemeine Keiljungfer

Gomphus vulgatissimus

LINNAEUS, 1758

Libelle des Jahres 2017

 

Zur wissenschaftlichen Nomenklatur: "Gomphus" von „gomphos“ (gr.) = Pflock, Nagel, Keil; nach der keilförmigen Form des Hinterleibs der Männchen. "vulgatissimus" (lat.) = am weitesten verbreitet. Deutscher Artname:  = Häufigste Art ihrer Gattung. Der wissenschaftliche Name widerspricht mittlerweile der heutigen Seltenheit der Art.

Die Gemeine Keiljungfer ist eine sehr kräftig gebaute Libelle mit einer Körperlänge von 5 bis 5,5 Zentimetern und einer Flügelspannweite von bis zu 7,0 Zentimetern.

 

Ein junges Männchen der Gemeinen Keiljungfer, Gomphus vulgatissimus.
Ein junges Männchen der Gemeinen Keiljungfer, Gomphus vulgatissimus.

 

Charakteristisch sind bei der Gemeinen Keiljungfer - wie allen anderen Gomphiden - die weit auseinander stehenden Komplexaugen.

 

Jungtiere der Gemeinen Keiljungfer, Gomphus vulgatissimus: Ein Weibchen (oben) und zwei Männchen.
Jungtiere der Gemeinen Keiljungfer, Gomphus vulgatissimus: Ein Weibchen (oben) und zwei Männchen.

Unmittelbar nach dem Schlüpfen sind beide Geschlechter von schwarz-gelber Farbe.

 

Die Flügelmale (Pterostigmata) der Art sind schwarz. Bei jungen Imagines trifft dies auch auf die Flügelvorderkante zu. Bis die Tiere erwachsen sind, hat sich diese gelb gefärbt.

 

Während die Weibchen diese Färbung größtenteils beibehalten, wechselt das Gelb der Männchen mit Erreichen der Geschlechtsreife zu einem olivgrünen Farbton. Die Thoraxseiten weisen nur schmale schwarze Streifen auf und haben die gleiche Farbe wie das Abdomen.

 

Ein weiteres sicheres Bestimmungsmerkmal sind die vollkommen schwarzen Beine über die innerhalb dieser Gattung nur die Gemeine Keiljungfer verfügt.

 

Die folgenden Bilder zeigen in der oberen Reihe die Männchen und in der unteren Reihe die Weibchen dieser Flussjungfernart.

 

 

Die Gemeine Keiljungfer ist in Mitteleuropa die erste zu beobachtende Gomphidenart und beginnt regelmäßig in der ersten bis zweiten Maidekade zu schlüpfen. In warmen Regionen wie dem Oberrhein oder in der Kölner Bucht können bei warmer Frühjahrswitterung  auch schon Mitte / Ende  April die ersten Jungtiere gesichtet werden. Die Emergenzperiode der Art ist sehr lang, sodass im Juli immer noch Larven das Wasser verlassen, um sich zur Imago zu häuten.

 

Die Imaginalhäutung geschieht zumeist bei ausreichender Sonneneinstrahlung vormittags zwischen 9.00 uns 12.00 Uhr. Als Schlupfsubstrat werden im Uferbereich wachsende Emersvegetation oder aus dem Wasser ragende Steine gerne angenommen.

 

Während sich die Emergenz von „herkömmlichen“ Großlibellen wie zum Beispiel jene eines Großen Blaupfeils, in vertikaler Position vollzieht und bis zu vier Stunden dauern kann, schlüpfen die Flussjungfern zumeist waagerecht und wesentlich schneller. Unter optimalen Witterungsbedingungen kann eine Gemeine Keiljungfer nach ca. 25 Minuten zum Jungfernflug starten. Da diese Bedingungen jedoch sehr selten vorherrschen, dauert eine Emergenz der Art im Durchschnitt ca. 45 bis 60 Minuten.

 

Die folgenden Aufnahmen zeigen den Schlupf eines Weibchens.

 

Die Exuvien der Gemeinen Keiljungfer, Gomphus vulgatissimus, sind meist extrem schlammverkrustet, was auf ihre Lebensweise, eingegraben in feinem Sediment, zurückzuführen ist. Ihre Körperlänge beträgt im Mittel 30 Millimeter.

 

Die jungen Libellen verlassen alsbald ihr angestammtes Gewässer und fliegen auf langen Streifzügen in der Landschaft umher, um zu reifen und zu jagen. Nach etwa zwei Wochen sind sie geschlechtsreif. Erst jetzt kehren die Männchen zu ihren ursprünglichen Habitaten  zurück. Hier besetzen sie Reviere an den Flussufern die etwa eine Länge von 10 bis 20 Metern betragen. Dort suchen sie sich einen guten Ansitz aus, von welchem sie Eindringlinge gleicher und anderer Arten vertreiben und auf die später einfliegenden Weibchen warten.

 

Diese führen, wie bei den meisten anderen Libellenarten auch, ein sehr diskretes Leben und kommen nur zu Paarungs- und Eiablagezwecken ans Wasser.

 

Wird ein Weibchen von einem ansitzenden Männchen entdeckt, fliegt dieses sogleich auf um das Weibchen mit seinen Hinterleibsanhängen an Hinterkopf zu ergreifen. Ist dies geschehen, fliegt das Paar in der sogenannten „Tandemformation“ in die nahegelegene und meist dichte Vegetation, wo die Paarung stattfindet.

 

Ein Weibchen der Gemeinen Keiljungfer, Gomphus vulgatissimus, presst einen Eiballen aus.
Ein Weibchen der Gemeinen Keiljungfer, Gomphus vulgatissimus, presst einen Eiballen aus.

 

Nach der Paarung trennen sich die Geschlechter wieder. Während das Männchen seiner Wege fliegt, begibt sich das Weibchen an einen ebenfalls gut versteckten Sitzplatz in Gewässernähe. Dort presst es mit erhobenem Hinterleib und unter großem Kraftaufwand einen etwa erbsengroßen Eiballen aus, der mehrere hundert Eier enthalten kann. Nur mit sehr viel Glück kann ein solcher Moment beobachtet oder gar dokumentiert werden.

 

Mit diesem „Eipaket“ am Hinterleib fliegt es zum Gewässer und streift die Eier unter wippenden Bewegungen nach und nach auf der Wasseroberfläche ab. Die Eier sinken im Wasser ab und bleiben an anschließend submerser Vegetation kleben. Bei guten Wetterverhältnissen und Wassertemperaturen von ca. + 20° C schlüpfen die winzig kleinen Larven nach etwa 18 Tagen aus den Eiern. Diese graben sich sogleich in das Feinsediment auf dem Grund des Gewässers ein um sich vor Räubern zu schützen und nachts als Ansitzjäger auf verwertbare Beute zu lauern. Diese Lebensweise hat maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung der Tiere. In der Regel beträgt diese Entwicklungszeit zwei Jahre. Ist das Nahrungsangebot jedoch knapp, können auch drei und selten sogar vier Jahre bis zur Metamorphose zur fertigen Libelle vergehen. Das mag einer der Gründe sein, warum Gomphus vulgatissimus in seinen Bestandszahlen von Jahr zu Jahr erheblich schwankt.

 

Ein Lebensraum der Gemeinen Keiljungfer, Gomphus vulgatissimus.
Ein Lebensraum der Gemeinen Keiljungfer, Gomphus vulgatissimus.

Imagines der Gemeinen Keiljungfer erbeuten allerlei Kleingetier, denen sie habhaft werden können. Zumeist werden die Opfer hinterrücks im Flug geschlagen. Dabei handelt es sich um Fliegen, Mücken, Schnaken, Käfer und Schmetterlinge aller Art.

 

Larvale Besonderheiten:

 

Das Beutespektrum der Larven ist abhängig von ihrer Größe bzw. Entwicklungsstufe: Zunächst werden Kleinstorganismen wie Pantoffeltierchen erbeutet. Mit dem Heranreifen wird auch größere Beute vertilgt. Da sie nachtaktiv sind, müssen sie sich auf ihre kurzen Fühler verlassen. Der Beuteschlag erfolgt i.d.R. in einem Abstand von ca. 7 Millimetern. Mückenlarven und Röhrenwürmer werden zunächst „ertastet“ und dann blitzschnell geschlagen. Tagsüber gräbt sich die Larve komplett in das Schlammsediment ein, sodass nur noch die „Analpyramide“, das hinterste Ende aus dem Boden herausragt, um eine Atmung unter Wasser zu gewährleisten. 

 

Sollte ein Larvalhabitat austrocknen können die Tiere bei einer Restfeuchte zu einer Luftatmung „Notatmung“ wechseln und sogar kurze Strecken über Land wandern, bis sie wieder Wasserkontakt finden. Wie sie sich dabei orientieren ist bislang völlig ungeklärt. 

 

Das Hauptverbreitungsgebiet von Gomphus vulgatissimus erstreckt sich von der französischen Atlantikküste bis in den Osten zur Grenze von Europa, dem Uralgebirge. Nordwärts reicht es bis Mittelfinnland und südwärts bis fast zum Mittelmeer. Es wurden auch Tiere der Art in Griechenland gefunden. Auf den britischen Inseln ist die Gemeine Keiljungfer als einzige ihrer Gattung bodenständig, was bedeutet, dass sich die Art dort erfolgreich reproduziert.

 

 

 

In Deutschland ist die einst so weit verbreitete Art (siehe deutscher Artname) heute sehr selten geworden, sodass sie nur noch inselartig vorkommt. In Brandenburg besiedelt die Gemeine Keiljungfer noch einige Fließgewässer im Nuthe-Urstromtal, wo sie mit der Grünen Keiljungfer, Ophiogomphus cecilia, vergesellschaftet lebt. Die Autoren konnten Gomphus vulgatissimus an der deutsch- niederländischen Grenze an dem Fluss „Roer““ sowie an der Grenze zu Luxemburg an dem Fluss „Our“ in geringer Abbundanz beobachten.

 

Absolut empfehlenswert:

Unsere Bestimmungs-CD ist ausschließlich  hier erhältlich.

 

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