Weiße Federlibelle

Platycnemis latipes

RAMBUR, 1842

Ein Männchen der Weißen Federlibelle, Platycnemis latipes.
Ein Männchen der Weißen Federlibelle, Platycnemis latipes.

 

Hinweise zur zoologisch wissenschaftlichen Nomenklatur: „Platycnemis“ stammt von „platys“ (gr.) = breit und „knemis“ (gr.) = Beinschiene: Auf die verbreiterten Beinschienen (Tibien) bezogen.

 

Platycnemis latipes erreicht eine Körperlänge von 3,5 Zentimetern und eine Flügelspannweite von 5,5 Zentimetern. Damit entspricht sie in der Größe den Ausmaßen ihrer Schwesternart, der Blauen Federlibelle, Platycnemis pennipes, mit der sie sehr leicht verwechselt werden kann. Es besteht eine entfernte Ähnlichkeit mit den blauen Azurjungfernarten (Coenagrion sp.). Die Federlibellen sind jedoch etwas größer als diese.

 

Beide Geschlechter sind als Jungtiere von weißer Grundfarbe. Ihr Thorax ist hell beige und die Augen milchig braun gefärbt. Ihre Beinschienen (Tibien) erscheinen in einem blassen Rosé. Die Weibchen wechseln bis zu ihrer Geschlechtsreife hin zu einer leicht gräulichen Färbung. Die Männchen färben sich zu einem extrem blassen Blau mit grünlich gelbem Thorax. Ihre Augen sind im Alter himmelblau. Auf der Oberseite des Abdomens sind ab dem 6. Hinterleibssegment (S-6) bis einschließlich S-10 schwarze Zeichnungen vorhanden, die jedoch altersbedingt und modifikativ (durch Veränderung der Umwelteinflüsse) stark variieren können. Federlibellen verfügen über eine Sollbruchstelle an ihren Beinen. Geraten sie zum Beispiel in ein Spinnennetz, so können sie diese abbrechen und sich so aus der Falle befreien.

 

Die folgende Bildserie zeigt Männchen der Weißen Federlibelle in diversen Ausfärbungsstadien:

 

Die Weiße Federlibelle besiedelt ein breites Spektrum von Habitattypen. Stark bewachsene Uferzonen von kleinen Teichen und Weihern werden ebenso als Lebensraum genutzt wie Verlandungszonen größerer Seen, sofern diese ausreichend besonnt sind. Fließgewässer unterschiedlicher Breite, etwa vom schmalen Wiesenbach bis zu einem mehrere Meter breiten Fluss mit einer moderaten Fließgeschwindigkeit und üppigem Bewuchs von emerser und submerser Vegetation dienen ebenfalls als Refugium der Art. Auch hier sollten die Ufer großflächig bewachsen und in unmittelbarer Nähe mit Bäumen und Sträuchern bestanden sein.

 

 

Die auf die „Alte Welt“ beschränkten Federlibellen zählten früher zur Familie der Schlanklibellen, Coenagrionidae. Zwischen den Jahren 1886 und 1917 erkannten die damaligen Naturwissenschaftler jedoch eine Eigenständigkeit der Gruppe, die später zur Aufstellung einer eigenen Familie führte. Dass es zwischen den Azurjungfern und den Federlibellen deutliche Unterschiede gibt, zeigen die folgenden Aufnahmen der Weibchen der Weißen Federlibelle.

 

 

Das Vorkommen der Art ist auf Südwesteuropa beschränkt. Platycnemis latipes kommt demnach in Deutschland nicht vor. Ihr Hauptverbreitungsgebiet liegt in Südfrankreich, in Gebieten entlang der Mittelmeerküste. Von dort breitet sich ihr Areal weiter nach Nordwesten bis zur französischen Atlantikküste aus. Westlich der Pyrenäen werden große Teile der iberischen Halbinsel inklusive Portugals besiedelt. In Richtung Osten reicht ihr Verbreitungsgebiet bis etwa zur Grenze nach Italien.

 

In den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde von einem Fund der Weißen Federlibelle vom oberelsässischen Hardt–Kanal zwischen den Orten Bantzenheim und Ottmarsheim berichtet (Heymer, 1968). Der Fundort liegt nur etwa 4 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt. Daraufhin wurde lange Zeit vergeblich nach der Art gesucht. Da es sich bei dem Fund um Jungtiere handelte, die wegen der reduzierten Schwarzzeichnungen der heimischen Blauen Federlibelle sehr ähnlich sahen, lag vermutlich eine Verwechslung der Art vor. In der aktuellen Literatur und Verbreitungskarten wird dieser Fund daher auch nicht mehr erwähnt.

 

Die Lebensweise von Platycnemis latipes entspricht weitestgehend unserer heimischen Blauen Federlibelle. Die Tiere schlüpfen im Frühjahr ab Ende April / Anfang Mai. Die Schlupfperiode kann sich dabei bis in den August hinein ziehen. Nach dem Schlüpfen verbleiben die Jungtiere in unmittelbarer Nähe des angestammten Gewässers um zu jagen und die Geschlechtsreife zu erlangen. Diese Zeitspanne ist bei den Federlibellen etwas gedehnt und dauert zwischen 11 und 25 Tagen. Die durchschnittliche Lebenserwartung erwachsener Tiere beträgt etwa 20 Tage.

 

Die erwachsenen männlichen Imagines bilden keine Reviere und sind relativ schlechte Flieger. Sie suchen in kurzen Flügen in der Ufervegetation nach Weibchen und setzen sich dabei recht häufig auf niederer Vegetation ab. Begegnen sich mehrere Männchen, bedrohen sie einander mit ihren weißen Beinschienen. Zu Angriffen kommt es dabei nicht. Die Männchen reagieren offensichtlich nur auf vorbeifliegende Weibchen, die dann zur Paarung ergriffen werden. Weibliche Jungtiere oder paarungsunwillige Weibchen lassen sich einfach ins Gras fallen und sind so für die Männchen nicht mehr sichtbar.

 

 

Bei paarungsbereiten Weibchen wirkt die Radbildung sehr mühsam und gelingt oft erst nach mehreren Versuchen. Ein böiger Wind kann sie ganz verhindern. Während der Paarung verhält sich das Weibchen sehr passiv. Sie kann zwischen 7 bis über 70 Minuten dauern. Anschließend fliegt das Paar zum Gewässer um dort in Tandemformation die Eiablage zu vollziehen. Hierbei werden Orte bevorzugt, an welchen schon andere Pärchen mit dieser Prozedur beschäftigt sind. Die Eiablage in Gruppen bietet Schutz vor möglichen Prädatoren wie Fröschen, Fischen oder Larven von Großlibellen.

 

 

In ihrem Verbreitungsgebiet ist die Weiße Federlibelle, Platycnemis latipes, wie alle anderen Libellenarten auch, streng geschützt.

 

Ihre Flugzeit reicht bei guten Witterungsverhältnissen von Ende April bis Anfang September.

 

Absolut empfehlenswert:

Unsere Bestimmungs-CD ist ausschließlich  hier erhältlich.

 

Achtung!

Nur noch wenige Exemplare verfügbar!