Große Heidelibelle

Sympetrum striolatum

CHARPENTIER, 1840

Portait eines fisch geschlüpften Männches der Großen Heidelibelle
Portait eines fisch geschlüpften Männches der Großen Heidelibelle

 

Hinweise zur zoologischen und wissenschaftlichen Nomenklatur: „Sympetrum“ ist eine Wortkombination, zusammengesetzt aus „sym-piezein“ (gr.) = „zusammengedrückt“ und „êtron“ (gr.) = Unterleib. Vermutlich wegen dem seitlich zusammengedrückten Abdomen. „striolatum“ stammt von „striolatus“ (lat.) = „mit kleinen Streifen (= „stria“ (lat.)) gezeichnet. Dies bezieht sich vermutlich auf die gestrichelte Linie am unteren Rand der Hinterleibssegmente. Der deutsche Artname richtet sich nach der größten Art der Gattung Sympetrum.

 

 

Sympetrum striolatum erreicht eine Körperlänge zwischen 3,5 und 4 Zentimetern, die Flügelspannweite beträgt zwischen 5,5 und 6,5 Zentimetern.

 

Die Große Heidelibelle kann sehr leicht mit der Gemeinen Heidelibelle, Sympetrum vulgatum, verwechselt werden. Selbst auf Fotos ist eine sichere Bestimmung der Arten nicht immer möglich. Am dunkelbraunen Thorax des Männchens sind sehr deutliche, gelbweiße Seitenbindern erkennbar. Das Abdomen des Männchens ist zylindrisch und wirkt daher sehr schlank. Es ist nach hinten nicht verbreitert.

 

Die folgende Bildtafel zeigt einige Männchen der Großen Heidelibelle in diversen Altersstadien.

 

 

Die Legeröhre des Weibchens der Großen Heidelibelle steht schräg, etwa in einem Winkel von 45° vom Hinterleib ab, während die der Gemeinen Heidelibelle, Sympetrum vulgatum, rechtwinklig absteht.

 

Ein sicheres Bestimmungsmerkmal ist die schwarze Querbinde über der Stirn, nahe den Augen. Diese endet bei Sympetrum striolatum auch in Augenhöhe. Bei der Gemeinen Heidelibelle, Sympetrum vulgatum, verläuft diese Querbinde etwas weiter nach unten, also seitlich an der Stirn herab.

 

Bei den Geschlechtern zeigen sich anfangs noch keine Unterschiede in der Färbung. Beide sind nach der Metamorphose blass gelb gezeichnet. Der Thorax ist vorne schwach hell rosa und mit schmalen braunen Strichen gezeichnet. Die Stirn ist leicht gelblich und die Augen sind in der oberen Hälfte dunkelbraun und unten gelblich grün gefärbt.

 

Mit dem Altern färben die Tiere aus und es entstehen farbliche Unterschiede unter den Geschlechtern (Sexualdimorphismus). Dabei färben sich die Männchen rot. An den Thoraxseiten entstehen helle, blass gelbe Seitenstreifen, die zur Bestimmung der Art herangezogen werden können.

 

Bei den Weibchen bleibt der Brustabschnitt blass und am Hinterleib zeigen sich nur ganz schwach rötliche Stellen.

 

Die Beine der Art sind schwarz und besitzen auf der Oberseite einen schmalen gelben Streifen.

 

Je älter die Tiere sind, umso schwerer lassen sie sich von der Gemeinen Heidelibelle unterscheiden, da die typischen und feinen Erkennungsmerkmale im Alter deutlich verblassen.

 

Aufnahmen von Weibchen der Großen Heidelibelle in diversen Stadien ihres Lebens:

 

 

Bei der Wahl des Lebensraumes ist die Große Heidelibelle recht genügsam.

 

Ein wichtiger Aspekt ist hier die Temperatur des Gewässers. Diese muss zwischen 16 und 21° C liegen. Das Habitat sollte also ausreichend von der Sonne beschienen sein, möglichst nicht komplett zugewachsen und allenfalls vom Wind an der Oberfläche bewegt werden. Es werden auch Sekundärbiotope wie Baggerseen und Kiesgrubentümpel besiedelt. Vorzugsweise wählt die Art jedoch flach abfallende, stehende  Gewässer mit submerser Vegetation wie Wasserschlauch, Utricularia sp.  und Tausendblatt, Myriophyllum, da diese für die Larven gute Bedingungen zum Verstecken und jagen bieten. Uferzonen mit emerser, also aus dem Wasser aufragender Vegetation wie Seggen, Schilf- und Röhrichtgewächse werden von den Männchen als Ansitzwarte für anstehende Jagdflüge sowie als Beobachtungsposten für einfliegende Weibchen gerne besetzt. Saure und moorartige Gewässer werden von der Art gemieden, da deren Sauer- und Nährstoffgehalt für die Entwicklung der Larven nicht ausreicht. Eine eventuelle Austrocknung des Eiablagehabitats können die Larven nicht überleben.

 

 

Sympetrum striolatum beginnt in der Regel ab Mitte Juni zu schlüpfen. Vereinzelt konnten auch Emergenzen zum Anfang Juni beobachtet werden. Die Schlupfabbundanz nimmt bis Mitte August ständig zu und fällt bis Mitte September stark ab. Die Flugzeit reicht bei günstiger Witterung bis Ende November.

 

Sehr späte Funde von juvenilen Tieren im Oktober 1989 und mehr als 100 Exuvien zwischen dem 4. und 16. Oktober 1991 sowie eine extrem spät beobachtete Emergenz am 11. Oktober 1985 lassen vermuten, dass die Art eine zweite Generation innerhalb eines Jahres zu reproduzieren vermag. Dies wird mit dem Mikroklima der jeweiligen Gewässer in Verbindung gebracht, ist jedoch bis heute noch nicht zweifelsfrei bewiesen.

 

Die Bildfolge unten zeigt einige Sequenzen der Emergenz der Großen Heidelibelle.

 

Die zwei Gesichter einer Großen Heidelibelle, Sympetrum striolatum.
Die zwei Gesichter einer Großen Heidelibelle, Sympetrum striolatum.

 

Unmittelbar nach dem Schlupf entfernt sich die Große Heidelibelle von ihrem angestammten Gewässer, um keine leichte Beute von Vögeln und anderen potentiellen Prädatoren zu werden, die die Ufervegetation systematisch absuchen. Diese erste Flugstrecke kann bis zu 200 Metern betragen. Für den weiteren Reifeprozess legen die Tiere mehrere Kilometer vom Ursprungsgewässer zurück und siedeln sich auf Wiesen und Gärten sowie auf Wegen und Waldlichtungen an. Zur Fortpflanzung kommen sie dann meist zu ihren Schlupfgewässern zurück.

 

Die Flugzeit von Sympetrum striolatum beginnt Anfang Juni und reicht bis in den November hinein. Bei einem warmen Klima kommt sie auch noch im Dezember vor. Ihren Saisonhöhepunkt  erreicht die Libelle in der zweiten Augusthälfte.

 

Vergleicht man ihre Flugzeit mit anderen Libellen, ist die der Großen Heidelibelle sehr lang. Sympetrum striolatum ist eine Art, die einen verhältnismäßig genauen Tagesrhythmus lebt. Zur Hauptflugzeit beginnt sie ihre Aktivitäten bereits ab 8.00 Uhr morgens. Vor dem ersten Flug zittert sie mit den Flügeln, um ihre Muskulatur aufzuwärmen. Dann folgen Jagdflüge und Fortpflanzungsrituale, die ab etwa 9.00 Uhr zu beobachten sind. Diese enden dann gewöhnlich gegen 14.00 Uhr. Um diese Zeit ziehen sich die Tiere in geschützte Bereiche der Gewässer zurück und sind ab 15.00 Uhr kaum noch zu beobachten.

 

Wird die Witterung im Herbst etwas kühler, verschiebt sich dieser Rhythmus in die wärmste Zeit des Tages.

 

Ein interessantes temperaturabhängiges Merkmal der Art ist, dass sich der Farbton des weiblichen Abdomens bei Temperaturen unter 12 °C innerhalb von 10 Stunden dunkelrot färbt. Steigt die Temperatur wieder, färbt sich auch das Abdomen innerhalb von 30 bis 40 Minuten wieder heller und nimmt den typischen bräunlichen Farbton wieder an. Vermutlich dient dieser Farbwechsel der besseren Regulation der Körpertemperatur.

 

Sympetrum striolatum ist eine ausgezeichnete Fliegerin für eine Heidelibellenart und beansprucht große Räume.

 

Paarungswillige Männchen warten auf einem Ansitz in einer Höhe von etwa einem bis fünf Metern auf anfliegende Weibchen. Da die Männchen sehr aggressiv untereinander sind, vermeiden sie es sich in Abständen von einigen Metern zu nähern, was aufgrund einer hohen Individuendichte an manchen Gewässern nicht möglich ist.  Ein festes Revierverhalten konnte bei der Art noch nicht festgestellt werden, da sich ihre Ansitzwarten ständig verlagern.

 

 

Die Paarung beginnt in Tandemformation in der Luft und wird in der Vegetation sitzend beendet. Nach der Paarung fliegt das Tandem zum Gewässer, wo das Weibchen binnen 20 Minuten mehrere Tausend Eier legt. Diese sind etwa 0,3 Millimeter breit und 0,6 Millimeter lang. Nach der Auflösung der Tandemformation wird das Weibchen vom Männchen bei der alleinigen Eiablage bewacht. Dies geschieht meist über offenem Gewässer und nicht in der Ufervegetation.

 

Impressionen vom Eiablageverhalten der Großen Heidelibelle:

 

Nach einigen Tagen können sich beide Geschlechter erneut paaren. Voraussetzung hierfür ist, dass das Weibchen genug befruchtungsfähige Eier produziert hat.

 

Die hohe Anzahl der gelegten Eier hat zur Folge, dass Sympetrum striolatum gelegentlich Schwärme bildet, die jedoch nie so zahlreich sind wie beispielsweise beim Vierfleck, Libellula quadrimaculata.

 

Sympetrum striolatum erbeutet kleine Insekten wie Fliegen, Mücken, Schwebfliegen und Schnaken im Flug.

 

Im Wasser vorkommende Insektenlarven der Stein und Köcherfliegen, Larven diverser Zygoptera (Kleinlibellen) sowie andere Kleinorganismen wie Wasserflöhe und Kleinkrebse bilden die Nahrungsgrundlage der Larven.

 

Larvale Besonderheiten: Bei günstiger Witterung entwickeln sich die Larven binnen 12 bis 15 Wochen und häuten sich während dessen 8 bis 10 Mal.

 

Die Große Heidelibelle ist eine ursprünglich mediterrane Art und kommt überall in Mitteleuropa vor. Einige Unterarten haben ihre Lebensräume in Asien verbreitet. 

Wie die meisten südlichen Libellenarten zeigt auch die Große Heidelibelle ein deutliches Wanderverhalten und kann große Strecken zurücklegen. Bei günstigem Klima tritt sie auch häufig in Norddeutschland auf, wo sie ansonsten selten ist.  In Süddeutschland gehört sie zusammen mit der Gemeinen Heidelibelle, Sympetrum vulgatum, und der Blutroten Heidelibelle, Sympetrum sanguineum, zu den am häufigsten vorkommenden Libellen.

 

 

 

 

Durch ihre Genügsamkeit die Lebensräume betreffend, findet man die Große Heidelibelle in Anzahl an fast allen größeren stehenden Gewässern mit entsprechender Sonnenbestrahlung und geeigneter niedriger bis mittelhoher Ufervegetation vor. Außerhalb der Paarungszeit fliegen die Tiere weit ab von den Gewässern. Sie können dann auf Wiesen, in Wäldern und Gärten relativ leicht beobachtet werden.

 

Oft ist Sympetrum striolatum die letzte Libellenart, die im Jahreszyklus beobachtet werden kann. So sind nicht wenige Imagines der Art noch einige Zeit nach den ersten Nachtfrösten noch mit Paarungsaktivitäten beschäftigt. Die Autoren konnten jeweils im November der Jahre 2011 und 2013 Eiablagen der Großen Heidelibelle auf Eis fotografisch dokumentieren.

 

 

Die folgende Bildtafel beweist, dass die Große Heidelibelle bis zu einem gewissen Grad gegen Frost resistent und zu fliegen in der Lage ist, wenn an den darauffolgenden Tagen noch sonnige Abschnitte folgen. Bei derartigen Witterungsverhältnissen können vereinzelte Tiere noch bis in den Dezember hinein beobachtet werden. Anhaltende  Schlechtwetterperioden im Spätherbst überstehen sie indes nicht.

 

 

Die Art gilt in ihrem Bestand als "Ungefährdet", steht jedoch - wie alle Libellen - per Gesetz unter Naturschutz.

 

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